Sportler und Vereine in Zeiten der Corona-Krise
Auch der Volleyball-Spielbetrieb der Saison 2019/2020 wurde am 12.03.2020 Aufgrund der Entwicklung der Corona-Situation durch den Deutschen Volleyball-Verband beendet.
Unser heutiger Gesprächspartner hat sowohl als Volleyballer des TSV 1861 Deggendorf in der 3. Liga mit dem dritten Tabellenplatz, als auch als Trainer des Damenteams des VV Gotteszell als Meister der Regionalliga, eine herausragende Saison hinter sich. Wir durften in Fragen zur aktuellen Saison sowie über seine zukünftigen Projekte stellen.
Johannes Schwarz

Hallo Johannes, wie siehst du die aktuelle Corona-Situation?
Hallo Harry, uf sehr schwierige Frage, da alle Punkte einer Gesellschaft betroffen sind. Ehrlich gesagt insgesamt sehr spannend und einer der schwierigsten nationalen Phasen der letzten 30 Jahre. Ich finde, die ganze Situation zeigt deutlich was unbedingt verändert werden sollte. Allein in Bezug auf das Gesundheitssystem gehört einiges gemacht. Ich habe einige Bekannte in meinem Umfeld und über sie bekomme ich oft Einblicke in die Arbeitsverhältnisse. Durch Corona wurde uns allen gezeigt, was unter den Tisch fällt und eigentlich lebensnotwendig ist. Ich bin aber optimistisch, wenn wir die Phase überstanden haben, dass das Gesundheitssytem ein längst überfälliges Update bekommt. Für uns und für die Arbeitnehmer hoffe ich sehr auf eine sinnvolle und schnelle Veränderung nach dieser Krise.
Auch für Sportler und Vereine eine harte Probe?
In Bezug auf den Sport ist es sehr spannend zu beobachten. Ich beziehe mich mit Absicht nun nur auf die Randsportarten. Ein Blick auf die professionellen Ligen und den Amateurbereich im Volleyball oder Handball prophezeien eine der schwierigsten Situationen mit der sich die Vereine auseinandersetzen müssen. Im Profibereich fließt ja, um einiges mehr Geld und dort fängt es schon an, das Hauptsponsoren abspringen und wegen dem fehlenden Geld, die eh viel zu teuren Lizenzen, nicht gezahlt werden können. Immer mehr Vereine lassen ihre Teams in niedrigeren Ligen starten, weil die finanzielle Basis ohne Sponsoren nicht ansatzweise gestämmt werden kann.
Um die Frage aber abzuschließen, ich denke für uns als Gesellschaft ist es eine Möglichkeit dazu zu lernen und unseren Fokus wieder auf wichtigere Sachen zu legen. Sei es mehr Geld und ein höheres Ansehen für unsere Pflegekräfte oder eine längst überfällige Umstrukturierung oder Neuorientierungen von den Verbänden und den sportlich Verantwortlichen.

Wie hältst du dich aktuell fit?
Derzeit betreibe ich viel Sport zu Hause, wie gefühlt jeder. Ich habe das Glück einen großen Garten bei meinen Eltern benutzen zu können, der bietet genug Platz für Kraft- und Athletikeinheiten. Allein macht das natürlich nicht so viel Spaß und ist ziemlich monoton. Nicht umsonst bin ich schon seit über 20 Jahren im Teamsport und ich muss sagen, so sehr ich mich nach einer Saison über die Pause freue. Jetzt wäre es wieder Zeit mit einigen aus dem Team zu arbeiten. Prinzipiell ist ja jetzt die Beachsaison, das heißt eigentlich viel Athletiktraining und Beachvolleyball spielen. Das mit den Volleyballkontakten ist ja sehr schwer und fällt komplett weg.Ich versuch mich so gut es geht fit zu halten, an meiner Muskulatur zu arbeiten und die fehlenden Ballkontakte müssen dann zu einem späteren Zeitpunkt aufgeholt werden.
Deine Zeit als Trainer der Gotteszeller Volleyball-Damen war?
Eine richtig schöne Zeit, ich betone es immer wieder gerne. Ganz so einfach wie es nach außen hin scheint, war das Ganze jedoch nicht. Ich habe vor allem eine Menge Zeit und natürlich auch Geduld in das ganze Projekt gesteckt, um am Ende des Tages erfolgreich zu sein. Das Resultat ist überragend und ich bin überglücklich, dass mein Plan mit dem Team aufgegangen ist. Die Mädels und ich haben da was ganz Besonderes geschafft.
Eine richtige Welle hat euch da getragen?
Nicht nur für uns als Aktive war es eine geile Zeit. Wenn ich nur an das Dorf, an die immer mehr dazu kommenden Fans und den Verein selbst denke. Der Verein hat in meinen zwei Jahren einen Schritt nach vorne gemacht und die besten Resultate ihrer Vereinsgeschichte erreicht. Zwei Meisterschaften in der Bayernliga und Regionalliga hintereinander zu holen plus ein ganzes Dorf in Volleyballeuphorie zu versetzen, da gehört eine Menge dazu. Ich habe das auch dem Team gesagt, dass jeder unfassbar stolz auf sich sein sollte. Jeder von ihnen hat sich volleyballerisch sowie auch charakterlich weiterentwickelt und ohne diesen Schritt, wären die Erfolge nicht möglich gewesen.
Diese Momente sind aber schwierig für sich selbst einzuordnen. In zwei Jahren werden die Spielerinnen nochmal mit anderen Augen auf diese Erfolge zurückblicken. Mich haben die letzten zwei Jahre in meinem Machen nur bestätigt, die Trainerkarriere definitiv nicht aus den Augen zu verlieren und ich werde in Zukunft bestimmt als Trainer weiter aktiv tätig sein.

Die große Meisterfeier musste leider entfallen?
Ja das ist super schade gewesen. Für mich war es sowieso sehr schwierig mit dem Staatsexamen zeitgleich. Allerdings wurde uns, genauso wie einigen anderen Teams, die Euphorie und diese Emotionen die Meisterschaft richtig abzuschließen genommen. Rechnerisch waren wir nach dem souveränen 3:1 Sieg gegen SW München schon Meister, aber wir hatten noch ein Spiel vor der Heimkulisse ausstehen. Das Bitterste für uns und den Verein war allerdings, dass wir das, was wir uns aufgebaut haben die letzte zwei Jahre: Immer mehr Unterstützung von außerhalb, eine immer steigende Zuschauerzahl pro Spiel und offizielle Präsenz in den Zeitungen und im Internet. All das konnten wir nicht in den letzten Boom verwandeln.
Begeisterte Zuschauer und verrückte Fans?
Die kleine Halle ist ja wie ich sie nenne „unser Wohnzimmer“. Wir hatten aber mit Abstand die meisten Zuschauer im Vergleich zu anderen Bayernliga- und Regionalligateams. Allein im letzten Spiel gegen SW München, hatten wir über 200 Zuschauer in der Halle. Zum Glück hatten wir für diese Spiele, den Tischtennisraum als Erweiterung für unsere Zuschauer. Ich hätte es zu gern gesehen und gespürt, wie die Halle noch mehr aus allen Nähten platzt und wie die Meisterparty danach gewesen wäre. Das ganze Dorf stand hinter uns und mit dem narrischen Fußball Fanclub, der sich seitdem gebildet hat und überall mitgefahren ist, sind das Momente, die das Team und ich gern erlebt hätten.
Rückblickend muss ich sagen, dass tut am meisten weh. Die Spielerinnen hätten sich das nach der harten Arbeit in den zwei Jahren mehr als verdient. Wir bekamen nach der letztgespielten Partie, die Ankündigung eine Ehrung vom Bayerischen Volleyballverband zu bekommen. Ein Repräsentant hätte uns vor dem heimischen Publikum eine Medaille für die Meisterschafft überreicht und das sind die Momente, für die wir als Team und Sportler auch hart arbeiten. Das jubelnde Publikum, diese Gänsehaut und das Hoch und Runter bei der Übergabe wäre das i-Tüpfelchen gewesen.
So haben wir nur einen Karton mit Medaillen zugesendet bekommen. Jeder der schon mal was gewonnen hat und eine größere Anzahl an Zuschauern hatte, weiß das ist natürlich nicht das gleiche. Ich bin immer noch sehr traurig wie es zu Ende gegangen ist.
Habt ihr aktuell noch Kontakt?
Einige der Mädels haben natürlich noch Kontakt untereinander. Es gibt ganz selten Vereine, bei denen über die Hälfte der Spielerinnen aus dem eigenen Dorf kommen und so hoch Sport betreiben. Der „harte Kern“ hat auch so noch weiter Kontakt. Hin und wieder schreibt man sich auch noch. Allerdings haben wir ja eine Ausnahmesituation, das heißt zum Workout zusammen treffen ist derzeit nicht drin. Dazu muss man sagen, dass der Verein plus die Spieler vor Ort sich darum bemühen müssen, die nächste Saison auf die Beine zu stellen.
Ich habe dabei auch noch versucht so gut es geht zu helfen und bin als Berater zur Verfügung gestanden. Es wird spannend wie es in Zukunft aussieht. Damit mein ich aber auch den Volleyballsport allgemein.

Hast du schon neue Pläne für die Zukunft?
Ja ich hatte einige Pläne für das kommende Jahr. Ich bin hoffentlich fertig mit meinem Studium und wollte mir jetzt ein Jahr Zeit für mich selbst nehmen. Der eigentliche Plan war im Sommer etwas zu reisen, was von der Welt zu sehen und danach nochmal in der Profiliga zu spielen. Allerdings fällt das Reisen wegen der Pandemie komplett weg und der Volleyball allgemein steht so schlecht da wie noch nie.
Kannst du uns das etwas näherbringen?
In der 1. Bundesliga in Deutschland haben sich schon drei Vereine aus dem Profibereich komplett zurückgezogen. In Österreich, bin ich gespannt wie es sich entwickelt. Die hatten zu meiner Zeit schon wenige Mannschaften im Profibereich und die sind finanziell abhängiger als die deutschen Vereine. Nach wie vor möchte ich meine eigene Volleyball „Karriere“ in den Fokus setzen, wo es hingeht und ob sich überhaupt was ergibt wird spannend. Mir stehen auf jeden Fall mehrere Türen offen als Spieler sowie als Trainer und ich wurde jetzt auch schon ganz oft als Trainer gefragt.
Also auch als Trainer in die nächste Saison?
Die Trainerposition derzeit anzunehmen steht für mich jedoch außer Frage, da ich sonst den Schritt mit Gotteszell in die 3.Liga gemacht hätte. Es wird jetzt für mich darauf ankommen, wie die Entwicklung im Sommer wird und was der Volleyball macht. Die Vereine werden auf jeden Fall weniger Budget haben und das wird interessant wie die Vereinsführungen reagieren.
Stichwort Coaching – auch ein Teil von dir?
Ja das Coaching wird so oder so weiterhin ein Teil meines Volleyballlebens bleiben. Ich biete ja schon seit einigen Jahren Beachvolleyballcamps für Vereine an. Die kommen jedes Jahr immer wieder gut bei den Spielerinnen und Spielern an. Seit Neuestem biete ich jetzt auch eine Art „Weiterbildung“ an. Das was ich die letzten Jahre als Spieler sehen durfte, das heißt verschiedene Trainer mit verschiedenen Trainingsarten und Trainingsmethoden, haben mich in meinem sein als Volleyballspieler und Volleyballtrainer natürlich geprägt.
Daraus hat sich auch meine Philosophie als Trainer gebildet. Ich bin der Meinung, man lernt nie aus und deswegen sollte man offen sein für Neues und andere Sichtweisen. Einen Blick über den Tellerrand passt da am besten. Diesen Blick möchte ich nun einigen Vereinen und Trainern gerne geben. Mir haben auch schon einige geschrieben, die das Konzept gut finden und die Aktion für sinnvoll halten.
Es soll insgesamt als Traineraustausch dienen und nicht den „richtigen“ Volleyball zeigen. Jeder hat seine Art ein Team zu leiten und jedes Team muss anders geleitet werden. Wahrscheinlich kommt da ein bisschen der Pädagoge aus mir raus. Ähnlich wie beim Beachvolleyballcamp möchte ich jedem Trainer / Spieler nach der Teilnahme neuen Input geben und etwas „besser“ machen.
Welche Zielgruppe möchtest du auf diesem Weg erreichen?
Eine bestimmte Zielgruppe habe ich ehrlich gesagt gar nicht. Wie ich schon gesagt habe, man lernt ja nie aus. Beispielsweise habe ich die Beachcamps für Jugendliche, genauso wie für Erwachsene auf unterschiedlichstem Niveau durchgeführt. Das gleiche möchte ich auch bei dem Trainer Coaching machen. Ich lerne bei diesen Gruppendialogen ja auch eine Menge dazu. Je besser die Trainer sind, umso mehr wird es ein Austausch über verschiedene Methoden oder andere Ansichten zu bestimmten Themen.
Ich würde sagen, die Zielgruppe sind die Trainer und Spieler die offen für was anderes sind und aus ihre Bubble raus wollen. In einer Zeit wie jetzt kannauch etwas Positives mitgenommen werden. Sachen die ich jetzt lerne oder sehe, kann ich schon in der kommenden Vorbereitung und in den Trainings anwenden.
Stell uns das Coaching mal genauer vor.
Coaching stellt ja keine „richtige“ Art des Trainers dar, sondern ist lediglich eine andere Art und Weise des Teammanagers. Deswegen wird es auch nicht viel über mich gehen. Meine Idee des Trainers und meine Methoden werde ich natürlich auch vorstellen, dies wird aber kein Monolog sein. Das ist etwas, was bei den Fortbildungen der Verbände zu genüge passiert.
Mein Ziel ist es auf die Probleme der Trainer in ihren Vereinen und Teams, eine realistische Antwort und Umsetzung zu geben. Dieses Event ist als Dialog gedacht und baut darauf die Fragen und Sichtweisen der anwesenden Trainer und Spieler zu bekommen. Das Konzept gibt es online anzusehen und wird dann näher besprochen.

Was ist deine Hoffnung für Zukunft im Sport?
Für den Sport hoffe ich auf eine Veränderung, die allen Sportarten hilft. Die Vereine und Verbände müssen sich um neue Konzepte bemühen, um wieder mehr Kinder und Jugendliche zum Sport zu bekommen. Der Sport hat meine Kindheit geprägt und ich fasse ihn als wichtigen Ausgleich für jedes Kind auf. Deswegen stehe ich auch dahinter als Trainer in Zukunft tätig zu sein. Beim Sport wird Disziplin, Zusammenhalt, Soziales Verhalten und noch vieles mehr mitgegeben. Die Schule hat sich in den letzten Jahren sehr viel verändert und wird es auch in Zukunft tun.
Siehst du Probleme bei den Vereinen?
Das Problem, welches ich sehe, dass die Vereine und Verbände sich nur bedingt mitverändert haben. Für die Vereine aller Sportarten, wäre es wichtig mehr Präsenz in der Schule zu bekommen und mehr in das Schulsystem integriert zu werden. In Österreich übernehmen Vereine zu einem Teil den Sportunterricht und begeistern somit als Trainer direkt die Schüler und Schülerinnen. Das ist aber ein ganz ganz schwieriges Thema und natürlich nicht leicht umzusetzen. Irgendetwas muss sich aber ändern, denn immer mehr Vereine sterben aus und die Verbände verlieren ihre Basis.
Also soll sich die Nachwuchsarbeit auch ändern?
Ohne Nachwuchs und ohne / schlechte Jugendausbildung kann das Konzept der Verbände mit dem Profibereich nicht lange funktionieren. Der Sport kann ein Großteil der Kindheit ausmachen und uns sollte es in Zeiten der Digitalisierung wichtig sein, die Kinder auch zum Sport zu bringen. Damit sind aber nicht nur Vereine und ihre Trainer gemeint, die Eltern spielen auch eine ganz große Rolle! Ohne die Unterstützung aus dem Elternhaus hilft dem Verein auch kein noch so engagierter Trainer.
Vielen Dank Johannes für deinen ausführlichen Beitrag,
alles Gute für die Zukunft … und vor allem bleib gesund.